Erfolgreiches Content-Marketing lebt von Inhalten, die genau auf die Interessen der Zielgruppe zugeschnitten sind. Doch wie finden Sie heraus, was Ihre potenziellen Kunden lesen wollen? Wie können Sie ohne den direkten Dialog mit Ihren Zielpersonen bestimmen, welchen Nutzen sie sich erhoffen? In diesem Beitrag finden Sie Antworten auf diese und weitere erfolgsrelevante Fragen.
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Den Nutzen des Kunden vorausdenken
Alexander Osterwalder hat gemeinsam mit zahlreichen Co-Autoren ein System geschaffen, mit dem sich Business-Modelle entwickeln und prüfen lassen. „Business Model Canvas“ heißt die Idee aus seinem ersten Buch „Business Model Generation“, bei dem das Geschäftsmodell eines Unternehmens auf ein größeres Blatt Papier übertragen wird, um es in dieser Übersicht leichter auf Fehler und Unklarheiten untersuchen zu können.
Ein wichtiger Teil davon ist die direkte Beziehung zwischen dem potenziellen Kunden und dem angebotenen Produkt bzw. der angebotenen Dienstleistung. Diesen Teilaspekt zu untersuchen war dem Autorenteam ein weiteres Buch wert: „Value Proposition Design“. Beide Bücher sind inzwischen auch auf Deutsch erschienen, und ich rate jedem Unternehmer, sie zu lesen.

Die konkrete Ausarbeitung des Nutzenversprechens gegenüber potenziellen Kunden ist das, was uns auch hier interessiert. Lassen Sie uns deshalb einen Blick auf die Methode werfen und sie für unsere Ansprüche nutzen.
Im Wesentlichen ist die Methodik darauf ausgerichtet, die Kunden und das Produkt getrennt voneinander zu betrachten und bestimmte Fragen zu stellen. Im Ergebnis entsteht für beide Seiten eine nach Wichtigkeit bewertete Sammlung von Aussagen und Begriffen.
Betrachten wir zunächst den potenziellen Kunden. Hier interessieren uns folgende drei Fragestellungen:
- Was ist die Ausgangssituation der Zielperson, und welche Aufgaben, Fragen und ToDos ergeben sich daraus?
- Welche Unannehmlichkeiten, Probleme, Schmerzen und Sorgen hat die Zielperson tatsächlich?
- Welche Errungenschaften, Hoffnungen, Ziele und Träume sind wichtige Leitideen, denen die Zielperson folgt?
So können Sie Ihre Zielgruppe besser verstehen
In einem Dialog zwischen realen Personen ist es relativ leicht, ein tiefes Verständnis zu entwickeln. Zumindest dann, wenn mindestens eine der beteiligten Personen es schafft, sich zurückzunehmen und die andere Seite wirklich verstehen zu wollen. Dann entwickelt sich daraus ein Gespräch, bei dem der Eine dem Anderen hilft, seine Bedürfnisse zu kommunizieren, wodurch ein umfassendes Bild entsteht.
An diesem Punkt unterscheidet sich die Aufgabenstellung des Verkäufers stark von der des Marketing-Profis. Im Verkauf besteht die Chance, in einer 1:1 Situation ein genaues Verständnis für den Bedarf des Kunden zu entwickeln, doch im Marketing ist das anders. Der direkte Dialog findet hier so gut wie nie statt, und wir müssen uns mit einer 1:x Situation begnügen. Daraus resultiert eine stete Weiterentwicklung der Aussagen und Methoden in einem Kreislauf von Versuch und Irrtum bzw. Versuch und Erfolg.
Je besser wir bereits den ersten Versuch gestalten, desto höher die Aussicht auf Erfolg. Je weniger wir „einfach mal ausprobieren“ und je mehr wir eine bewährte Methode nutzen, um die Perspektive der Zielperson einzunehmen, desto effektiver wird der Ablauf und umso schneller machen wir Fortschritte.
Die Methode von Osterwalder und Kollegen ist so aufgebaut, dass wir zunächst die Ausgangssituation der Zielperson untersuchen. Was ist auf der ToDo-Liste der Person wichtig? Lassen Sie uns ein Beispiel wählen, das die Methode exemplarisch erklärt und gleichzeitig so einfach ist, dass die Zusammenhänge schnell verständlich werden.
Die Ausgangssituation – Wo steht Ihr idealer Kunde?
Nehmen wir an, Ihre Zielperson ist ein 45-jähriger Angestellter, der seit 10 Jahren mit seiner Familie ein Reihenhaus am Stadtrand bewohnt. Inzwischen sind seine Kinder alt genug, dass er sich um die Gartenbepflanzung kümmern kann, ohne befürchten zu müssen, dass alles gleich wieder kaputt geht.
Unsere Zielperson heißt Hendrik und ist schon von Kindheit an von Rosen fasziniert. Die Leidenschaft stammt von seinem inzwischen verstorbenen Großvater, der sich nach seiner Pensionierung komplett seinen Rosen verschrieben hatte. Als Kind verbrachte Hendrik viel Zeit bei seinen Großeltern, und er hatte großen Spaß daran, ihnen im Garten zu helfen. Hendrik hat sich deshalb vorgenommen, im nächsten Sommer mit seiner eigenen Rosenzucht zu starten. Er weiß einiges aus der Erfahrung seines Opas, aber er will noch mehr lernen und verstehen, um gleich zu Beginn erfolgreich zu sein.
Beginnen wir mit einer Sammlung von Aufgaben, die sich aus der Perspektive von Hendrik stellen:
- Die richtigen Rosen-Sorten auswählen
- Rosenstöcke beschaffen
- Im richtigen Boden richtig pflanzen
- Richtig gießen
- Richtig düngen
- Rosen richtig zuschneiden
- Pflanzenschutz auswählen, der ungiftig für Menschen ist
Gehen wir davon aus, dass Sie diese Themen aus Hendriks Sicht für relevant halten, können Sie diese Punkte nun entweder sofort mit einem „echten Hendrik“ verifizieren oder sie zunächst in eine Reihenfolge bringen, bei der die wichtigsten Punkte aus der Sicht der Zielperson ganz oben stehen. Vielleicht käme dann diese Reihenfolge heraus:
- Die richtigen Rosen-Sorten auswählen
- Im richtigen Boden richtig pflanzen
- Richtig düngen
- Pflanzenschutz auswählen, der ungiftig für Menschen ist
- Rosen richtig zuschneiden
- Rosenstöcke beschaffen
- Richtig gießen
Welche Probleme ergeben sich?
Wenn wir von dieser Reihenfolge ausgehen, finden wir im nächsten Schritt eine Reihe von Problemen und Schmerzen, die Hendrik befürchtet oder im Moment schon hat:
- Die Pflanzen könnten sofort wieder eingehen.
- Die Rosen könnten schon mit Schädlingen eingekauft werden.
- Der bestehende Boden im Garten könnte ungeeignet für Rosen sein.
- Die Sonneneinstrahlung könnte zu viel oder zu wenig für Rosen sein.
- Es gibt unterschiedliche Aussagen in Büchern, welche Rosensorten gut geeignet sind, um zu beginnen. Wem soll Hendrik glauben?
- Hendrik hat Angst, die Rosen beim Beschneiden zu ruinieren.
- Er befürchtet, dass Läuse seine Rosen zerstören, wenn er ein paar Tage lang nicht aufpasst.
- Die Wahl des Düngers bereitet Hendrik Kopfzerbrechen. Er weiß, dass der falsche Dünger Pilzbefall begünstigen oder Schädlinge anziehen kann.
Nun nehmen wir wieder die Perspektive von Hendrik ein und machen uns die Mühe, die gefundenen Punkte in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen. Wenn Sie bereits Zugang zu einer exemplarischen Zielgruppe haben, könnten Sie diese per Umfrage bitten, die genannten Punkte zu bewerten und evtl. weitere Punkte hinzuzufügen. Das lässt sich relativ einfach mit einer Umfrage oder einer Online-Survey bewerkstelligen. Gehen wir davon aus, dass die Umfrage das folgende Ergebnis bringt:
- Die Pflanzen könnten sofort wieder eingehen.
- Der bestehende Boden im Garten könnte ungeeignet für Rosen sein.
- Die Farben der Blüten könnten nicht wie erwartet sein (neue Idee).
- Die Sonneneinstrahlung könnte zu viel oder zu wenig für Rosen sein.
- Der falsche Dünger kann Pilzbefall begünstigen oder Schädlinge anziehen.
- Es gibt unterschiedliche Aussagen in Büchern, welche Rosensorten gut geeignet sind um zu beginnen. Wem soll Hendrik glauben?
- Die Rosen könnten schon mit Schädlingen eingekauft werden.
- Hendrik hat Angst, die Rosen beim Beschneiden zu ruinieren.
- Er befürchtet, dass Läuse die Rosen zerstören, wenn er ein paar Tage lang nicht aufpasst.
Dieses Ergebnis liefert uns ein ganz gutes Bild, welche Themen wir in unserem Redaktionsplan aufgreifen sollten. So richtig rund wird der Plan aber erst, wenn wir zusätzlich noch die positiven Erwartungen mit berücksichtigen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
In diesem Teil der Übung sammeln wir Ideen, was Hendrik sich erträumen und herbeiwünschen könnte. Eine erste Sammlung könnte zu folgendem Ergebnis kommen: Hendrik denkt an …
- … prächtige Farben im Garten.
- … den tollen Duft, wenn er auf der Terrasse sitzt.
- … eigene Rosen als Mitbringsel bei Einladungen
- … selbst gezüchtete rote Rosen als besonderes Geschenk für die Liebste.
- … Anerkennung vom Nachbarn.
- … den Blickfang im Garten, den alle bewundern.
- … die Möglichkeit, seinen Kindern am lebenden Beispiel Verantwortung für Pflanzen beizubringen.
Bei dieser Übung ist die Versuchung groß, einfach nur die Umkehrung der Probleme aufzuschreiben. Aus der Perspektive des Anbieters von Dünger könnte sich hier auch der Irrtum einschleichen, dass eine Hoffnung sein könnte, den richtigen Dünger zu finden. Allerdings ist das realistisch gesehen sicher kein Traum von Hendrik.
Auch an dieser Stelle kann wieder eine Umfrage Klarheit schaffen, was sich die Zielgruppe wirklich erhofft und herbeisehnt, und die daraus Reihenfolge könnte wie folgt aussehen:
- Den Sommer über prächtige Farben im Garten.
- Selbst gezüchtete rote Rosen als besonderes Geschenk für die Liebste.
- Den Kindern Verantwortung für Pflanzen am lebenden Beispiel beibringen.
- Anerkennung vom Nachbarn.
- Toller Duft, wenn Hendrik auf der Terrasse sitzt.
- Einen Blickfang im Garten schaffen.
- Eigene Rosen als Mitbringsel bei Einladungen.
Mit so einer Ausarbeitung als Grundlage lässt sich Ihre Content-Marketing-Strategie wesentlich besser planen, denn es wird schnell klar, welche Themen und wesentlichen Inhalte Sie behandeln sollten, um die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe zu treffen.
Wenn Sie nun die wichtigsten Punkte aus den Problemen und den Erwartungen nebeneinander stellen, wird offensichtlich, welche wertvollen Inhalte Sie produzieren sollten. Hier sind einige Beispiele für Überschriften von möglichen Beiträgen:
- Fünf häufige Gründe für missglückte Rosengärten, und wie Sie Ihren Garten mit prächtigen Farben bereichern.
- Warum Rosenzüchter scheitern: Die häufigsten Fehler, und wie Sie einen gesunden farbenfrohen Rosengarten anlegen.
- Läuse und andere Rosenfeinde: So erhalten Sie gesunde Rosen, an denen Sie und Ihre Liebsten sich den ganzen Sommer über erfreuen.
- Liebesgrüße aus dem Garten: Fünf Tipps, damit Sie jede Woche rote Rosen beim Sonntagsfrühstück präsentieren können.
- Der Duft der Rosen: So setzen Sie eine Duftmarke und sichern sich das Wohlwollen der Nachbarn.
- So gelingt Rosenzucht – Die wichtigsten Tipps für Anpflanzung, Pflege und Überwinterung.
- Rosengarten für Kinder – So binden Sie Ihren Nachwuchs in die Rosenzucht ein.
Diese Beispiele decken nur einen Teil der wichtigsten Themen ab. In jedem Fall erkennen Sie, wie einfach es anhand der erstellten Listen ist, die richtigen Inhalte für Ihre Zielgruppe zu gestalten.
Das perfekte Produkt für die Zielgruppe
Vor dem Hintergrund von „Value Proposition Design“ ist es möglich, die passenden Kunden für ein bestehendes Produkt bzw. für eine bestehende Dienstleistung zu finden. Beginnen Sie zunächst mit der Beschreibung der Eigenschaften des Produktes. Dann erarbeiten Sie, wie das Produkt bestimmte Probleme des Kunden löst oder zumindest erleichtert, bevor Sie darüber nachdenken, welche Wirkungselemente des Produktes die Hoffnungen und Erwartungen Ihrer Kunden unterstützen.
Ebenso ist es auch möglich, zunächst von einer bestimmten Kundengruppe aus zu beginnen, so wie wir das in diesem Beitrag getan haben. Wir haben die Zielperson an den Anfang gestellt und zunächst nur deren Perspektive in den drei Kategorien Aufgaben, Schmerzen und Erwartungen notiert.
Im Zusammenhang mit Content-Marketing entwerfen wir auf dieser Basis nicht unbedingt ein Produkt, sondern ein Set an Inhalten.
Je intensiver wir auf menschliche Vertreter der virtuellen Zielperson zurückgreifen können, um unsere Annahmen und Überlegungen zu stützen oder zu verwerfen, desto schneller werden wir die erwünschte Resonanz im Markt erreichen.
Fotoquelle Titelbild: © luckinout / Fotolia 2016
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[…] sind, sollten Sie sich zuerst die Zeit nehmen, zu überlegen, was Sie eigentlich aussagen wollen. Den Nutzen Ihres Textes für den Leser müssen Sie klar vor Augen haben und dann dafür die passenden Worte finden. Wie Sie sich […]