Menschen entwickeln eine geradezu unzähmbare Energie, wenn sie ein Problem haben, das wirklich stört. Sie verwenden Zeit, Geld und jede Menge ihrer Lebensenergie, um das Problem selbst zu lösen oder jemanden zu finden, der es löst. Je schmerzhafter das Problem sich im einzelnen Fall auswirkt, desto größer die Anstrengungen zur Lösung.
Viele Menschen, die sich selbst zuschreiben, im „Lösungsverkauf“ zu arbeiten, vergessen leider sehr oft, dass es jede Menge Probleme gibt, die zwar aus der Perspektive des Lösungsanbieters relevant erscheinen, jedoch aus der Sicht des Betroffenen gering oder irrelevant sind. Es gibt beispielsweise viele Anbieter von Rauchentwöhnungsprogrammen, die das gesundheitliche Problem der Raucher extrem einschätzen, aber wir wissen, dass es viele Raucher gibt, die damit sehr gut leben können – zumindest eine Weile lang.
Und andererseits ist es sicherlich so, dass Menschen, die sich gerade entschlossen haben, aufzuhören, aber nicht wissen, wie das gehen soll, bestimmt händeringend nach einer Lösung suchen. Obwohl beide Raucher sind und obwohl beide eine Rauchentwöhnung gut gebrauchen könnten (Konjunktiv), ist nur derjenige der beiden Raucher ein potentieller Kunde, der das objektiv vorhandene Problem auch subjektiv wahrnimmt.
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Kunden müssen ihre Probleme kennen und lösen wollen
Die meisten Vertriebs- und Marketing-Konzepte – vor allem in Bezug auf Geschäftskunden – scheitern am Konjunktiv. Man hat eine perfekte Lösung für ein Problem, das auch nachweislich am Markt existiert. Allerdings ist die subjektive Wahrnehmung zum Problem sehr differenziert, Manche Unternehmen haben das Problem erkannt, sehen und spüren die unangenehmen Auswirkungen. Andere Unternehmen haben das gleiche Problem, schätzen es jedoch als nachrangig und unwesentlich ein. Das gleiche Problem – unterschiedliche Bewertungen.
In der Welt vor Content-Marketing war es so, dass es die Aufgabe des Vertriebs war, in vielen 1:1 Kontakten aus potentiellen Kunden wirklich kaufwillige Kunden herauszufiltern. Aus 30, 50 oder 100 Erstkontakten wurde so letztlich ein zahlender Kunde. Die Tendenz ist ganz klar so, dass die Quote im Lauf der Jahre immer schlechter wurde Wenn früher 40 Kontakte nötig waren, um einen Kunden zu bekommen, sind es heute häufig 70, 100 oder gar 200 Kontakte, bis wirklich ein Vertrag entsteht.
Wie wäre es, wenn man die alten Quoten wieder zurück bekäme? Oder gar besser? Wenn man die Anzahl der Fehlversuche reduziert, weil man einen Automatismus findet, der die weniger Erfolg versprechenden Adressen einfach aussortiert und nur die besten potentiellen Kunden vorsortiert auf einem Tablet serviert? Wie wäre es, wenn man den Frust reduziert und den Erfolg maximiert? Diese rhetorische Frage kann man längst beantworten und die Profis im Content-Marketing präsentieren die Antworten.
Menschen, die ein Problem haben, suchen nach Antworten. Und das tun sie in unserer Zeit, in dem sie ihr Problem Google anvertrauen. Sie tippen ihre Frage in ein Suchfeld ein und warten Millisekunden auf eine kompetente Antwort. Die Tatsache, dass das Internet inwzischen als fast unerschöpflicher Fundus für Wissen akzeptiert ist, bildet die Grundlage für erfolgreiches Content-Marketing.
100% Nichtraucher ist wie 100% Marktanteil: Leider nur ein Traum
Wenn wir nochmal zu der Rauchentwöhnung zurückkehren: Nicht jeder, der das Problem hat, sucht jetzt und in diesem Moment nach einer Lösung. Aber jeder, der nach einer Lösung sucht, sollte die Lösung einfach finden können. Stellen wir uns vor, es gäbe eine Fachzeitschrift für gesundheitsbewusste Raucher oder das elektronische Pendant dazu: Einen Blog. Jeder Raucher, der sich seiner Gesundheit besinnt, wird früher oder später über diesen Blog stolpern. Vielleicht, weil er ihn selbst über die besagte Suchmaschine fand. Oder weil ein wohlmeinender Freund es empfohlen hat. Oder vielleicht auch, weil der Blog seine Artikel Zielgruppenspezifisch bewirbt. Wenn diese Fachzeitschrift interessante Artikel aus der Perspektive des hier als Beispiel angenommenen „Fast-Nicht-Rauchers“ schreibt, wird sie oder ihn das interessieren. Interesse weckt die Gier auf mehr. Vermutlich wird er oder sie seine E-Mail-Adresse im Tausch gegen noch mehr wertvolle Informationen anbieten.
Und das ist – an einem einfachen Beispiel erklärt – der Gedanke des Content-Marketing. Der entscheidende Unterscheid zu PR und gewöhnlichem Marketing? Das Produkt oder Dienstleistungsangebot taucht nicht oder nur sehr versteckt auf. Nichts wird angepriesen – zumindest nicht in den ersten Phasen.
Anfangs legen wir größten Wert darauf, zu geben. Ohne Gegenleistung. Einfach Wertvolles anbieten. Erst später, wenn sich durch die einseitige Güte eine Beziehung entwickelt hat, prüfen wir die Belastbarkeit dieser Beziehung. In einigen Fällen wird sich herausstellen, dass nicht wirklich eine belastbare Beziehung gewachsen ist. Vielleicht sogar in der Mehrzahl der Fälle. Aber in anderen Fällen, möglicherweise nur 5 oder 10%, hält der dünne Faden der ersten Beziehung und der potentielle Kunde wird zum echten Kunden.
Content-Marketing lebt von der großen Zeitspanne. Anders als bei der vertrieblichen Kalt-Akquise, die sicherlich für sehr viele Geschäftsmodelle erhebliche Vorteile bietet, ist das Content-Marketing losgelöst vom Moment. Wenn ich einen Kunden anrufe, dann kann er in diesem Moment genau über ein Problem grübeln, das ich lösen könnte. Das ist die Hoffnung der Akquisiteure. Aber vielleicht wird er erst in ein paar Monaten das Problem erkennen. Oder er hat das Problem bereits anderweitig gelöst. In beiden Fällen ist die Akquise im Prinzip das richtige Werkzeug, aber dennoch nicht erfolgreich.
Content ist der Köder
Ganz von der zeitlichen Synchronisierung losgelöst, ist der wertvolle Content, der einem Köder gleich ausgelegt wird, ein Effekt, der immer und dauernd funktioniert. Ein Köder, der dann geschluckt wird, wenn der Fisch genau groß genug ist, um zur Zielgruppe zu gehören (um das Bild des Anglers weiter zu spinnen). Man könnte sagen, es ist wie „Dauer-Angeln“. Oder wie der alte Werbespruch von Danone lautete „Früher oder später kriegen wir Sie!“
In der Methode „Engpasskonzentrierte Strategie“, nach Wolfgang Mewes, ging es bereits um die Idee, ein besonders relevantes Problem zu identifizieren, das für eine bestimmte Zielgruppe wichtig ist. Die Konzentration auf das Kundenproblem macht diese Methode so stark und bietet gleichzeitig die Grundlage für Content-Marketing. Das Problem ist der Köder.
Inzwischen gibt es moderne Methoden zur Entwicklung von Geschäftsmodellen und „Value Propositions“ was nichts anderes Bedeutet als „Nutzenversprechen“. Und alle diese Methoden benötigen als Grundlage dieses eine, gedachte, erhoffte und in der harten Realität des Alltags tatsächlich empfundene, zentrale und schmerzhafte Kundenproblem.
Goethe hatte es gut!
Die einfachste Methode, diese Problem zu finden ist es – zu fragen. Auch hier ist die Lösung so einfach, dass mancher sich schämen würde, es als Antwort in ein Buch zu schreiben. Ich halte es mit Goethe.
„Es verdrießt die Menschen, dass das Geniale so einfach ist. Sie vergessen, dass sie noch Mühe genug haben, es umzusetzen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Fragen kann man sehr gut mit Surveys, Umfragen, Abstimmungen und der Kommentarfunktion in Blogs oder Social Media. Was sollte uns davon abhalten, unsere Zielgruppe direkt zu befragen? Die Menschen werden, wenn man ehrliche Fragen stellt, in der Regel antworten, was sie denken. Vor allem dann, wenn man echtes Interesse zeigt und nichts „abspult“ oder nur „abhaken“ will.
Wenn es gelingt das, die oder einige entscheidende Probleme der Zielgruppe zu identifizieren, dann ist es richtig, über dieses Problem zu schreiben. Allerdings nicht nur über das Problem selbst, sondern auch über die Lösung. Oder wäre das schon zu viel des Guten? Sollte man sich die Lösung nicht für die zahlenden Kunden aufheben? Genug Stoff und Fragen für die wir in anderen Beiträgen auf diesem Blog behandeln.
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